Am 15. Januar 2019 begeht die Zeitschrift "Sinn und Form" in der Berliner Akademie der Künste ihr 70-jähriges Bestehen. Für das neue Heft der Traditionszeitschrift hat der Literaturwissenschaftler Michael Opitz einen aufschlussreichen Teil von Wolfgang Hilbigs Briefwechsel erschlossen. Dieser ergab sich aus der einzigen Antwort, die Wolfgang Hilbig 1968 auf seine legendäre Annonce in der "Neuen Deutschen Literatur" erhielt.
Welcher deutschsprachige Verlag veröffentlicht meine Gedichte? Nur ernstgemeinte Zuschriften an: W. Hilbig, 7404 Meuselwitz, Breitscheidstraße 19 b. Der Brief, der Hilbig daraufhin erreicht, kommt von der 1927 geborenen Ursula Großmann, Mitglied im "Zirkel schreibender Arbeiter" Dresden-Nord und Bibliotheksmitarbeiterin. Die folgenden anderthalb Jahre korrespondieren Hilbig und Großmann miteinander.
Wolfgang Hilbigs Biograf Michael Opitz fand Teile dieses Briefwechsels im Nachlassarchiv, 2018 konnte er auch die im Besitz von Ursula Großmann befindlichen Briefe einsehen. In "Sinn und Form" wird nun ein repräsentativer Auszug vorgestellt: "Wolfgang Hilbig: Aber lassen wir die Ironie, es geht ums Heiligste. Briefe an Ursula Großmann. Mit unveröffentlichten Gedichten. Mit einer Vorbemerkung von Michael Opitz."
"Sinn und Form" veröffentlichte 1980 auf Vermittlung Franz Fühmanns acht Gedichte Wolfgang Hilbigs. 1983 durfte mit "STIMME STIMME" in der DDR endlich ein Buch des begabten Autors erscheinen, der 1979 mit dem Lyrikband "abwesenheit" im westdeutschen S. Fischer Verlag debütiert hatte und über diesen Umweg auch in der DDR einem größeren Lesepublikum bekannt geworden war. Zum 40-jährigen Jubiläum dieses Debüts wird die Wolfgang-Hilbig-Gesellschaft Leipzig (die auch den Kontakt zwischen Ursula Großmann und Michael Opitz herstellte) im Herbst 2019 gemeinsam mit dem Schriftsteller Wilhelm Bartsch in einer multimedialen Veranstaltung die ästhetischen, philosophischen und zeitgeschichtlichen Hintergründe beleuchten.